Warum sind wir gegen eine Bebauung?

Zusätzlicher Bedarf ist überhaupt nicht vorhanden

Wir stellen grundsätzlich den Bedarf an Neubaufläche bzw. zusätzlichem Wohnraumbedarf in Frage. Die Bevölkerungsentwicklung in St. Ingbert ist seit Jahren rückläufig und das trotz vieler ukrainischer Flüchtlinge. Im Zeitraum 2023 bis 2028 rechnet die Stadt selbst mit einem Rückgang der Bevölkerung um 3,1% oder 919 Menschen (ohne Flüchtlinge). [Quelle: Demographie-Steckbrief ]

Uns liegen keine Informationen zu einer Analyse des künftigen Wohnraumbedarfs seitens der Stadtverwaltung vor.

Unsere Bevölkerung schrumpft und altert, doch die Siedlungs- und Verkehrsflächen wachsen weiter.


Der aktuelle Bedarf kann im Bestand gedeckt werden

Es gibt aktuell ca. 250 Baulücken in St. Ingbert Mitte (gesamtes Stadtgebiet ca. 580) und ca. 270 leerstehende Gebäude (gesamtes Stadtgebiet ca. 450). Alleine damit ließe sich der aktuell Bedarf der kommenden Jahre sicher problemlos decken. [ Quelle: Baulücken 2021, Leerstände 2023 ]

Weiterhin steht die Erschließung des ehemaligen WVD-Geländes („Cispa Village“) und nach dem Umzug in die alte Baumwollspinnerei auch das jetzige Rathaus zur Schaffung neuen Wohnraumes zur Verfügung.

Zusätzlich wird die demographische Entwicklung in den kommenden beiden Jahrzehnten zu sehr vielen frei werdenden Häusern führen (potenzielle Leerstände). Aktuell werden ca. 16% (!) aller Wohngebäude in St. Ingbert von 1-2 Menschen mit einem Alter von über 70 Jahren bewohnt.

Wozu sollen neue Wohngebiete erschlossen werden wenn dadurch der Leerstand weiter befördert und bereits erschlossene Baugrundstücke leer bleiben?

Als Anreiz zur besseren Nutzung von Baulücken schlagen wir eine Kombination von leichtem finanziellen Druck und einem Förderprogram vor:

  • Einführung der Grundsteuer C. Mithilfe dieser Steuer kann die Stadt baureife Grundstücke höher besteuern. So wird einerseits Spekulation vorgebeugt und andererseits werden Eigentümer motiviert das Grundstück zu verkaufen oder zu bebauen.
  • Zuschüsse für neue Wohnungen auf baureifen Grundstücken. Die Einnahmen aus der Grundsteuer C und die eingesparten Kosten für die Erschließung des Stadtgärtnereigeländes sollten in Form von Zuschüssen an bauwillige Eigentümer von Baulücken eingesetzt werden.

Um leer stehende Wohnungen zu reaktivieren, könnte die Stadtverwaltung eine „Satzung gegen Zweckentfremdung“ einführen, wie sie z.B. im rheinland-pfälzischen Landau umgesetzt wurde [ Quelle ]. Vermieter, die ihre Wohnung länger als ein halbes Jahr leer stehen lassen, müssen dort eine Strafe zahlen.

Auch Aufstockung oder Dachausbau bereits vorhandener Gebäude wären eine Möglichkeit, den Bestand zur Schaffung neuen Wohnraumes zu nutzen. Ein Förderprogramm z.B. durch Zuschüsse, Steuererleichterungen oder Kredite kann auch hier Anreize für Hausbesitzer und Vermieter schaffen.


Umwelt- und Klima

Mit der geplanten Bebauung des Stadtgärtnereigeländes würde eine große Grünfläche versiegelt. Städtisches Grün ist ein besonders schützenswertes Gut und sollte nicht nur erhalten, sondern auch weiterentwickelt werden. Darüber hinaus macht das Stadtgrün unsere Stadt widerstandsfähiger gegen Hitzewellen und Starkregenereignisse – das ist wichtig im Hinblick auf den Klimawandel.

Erhalt von Biodiversität und Lebensräumen

Das verwilderte Gelände bietet inzwischen wertvollen Lebensraum für zahlreiche Vögel, Pflanzen- und Insekten. Eine Bebauung würde diesen Lebensraum zerstören und den ökologischen Wert der Fläche drastisch reduzieren.

Klimaschutz und CO₂-Speicherung

Bäume und Sträucher speichern CO₂ und tragen zur Verbesserung der Luftqualität bei. Eine Versiegelung der Fläche würde diese natürliche CO₂-Senke eliminieren. Grünflächen helfen außerdem, die Temperatur in der Umgebung zu regulieren und wirken als natürliche Klimaanlagen. Diese Funktion wird durch den Klimawandel in zukünftigen Sommern immer wichtiger.

Wasserrückhalt und Hochwasserschutz

Das Gelände hat ein deutliches Gefälle und eine Versiegelung würde die natürliche Versickerung verhindern, was zu schnellerem Wasserabfluss, möglichen Überschwemmungen und einer Überlastung der Kanalisation führen kann. Die unversiegelte Fläche hilft, das Grundwasser aufzufüllen.


Verkehrsbelastung

Der jetzt schon stark verkehrsbelastete Neunkircher Weg, sowie die verkehrsberuhigte Prälat-Eckhard-Straße werden durch die geplante Bebauung zusätzlich belastet. Die in der Entwicklungsstudie genannten Vorschläge zum Carsharing und eine bessere ÖPNV-Anbindung sind prinzipiell begrüßenswert, aber werden die Verkehrsproblematik nur wenig lindern.



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